„Pia, wie handhabt ihr das mit dem Home-Office?
Wir sind uns unsicher, wie wir das in Zukunft lösen wollen…“
Sollen wir Homeoffice anbieten? Ja oder Nein?
Diese Frage wurde mir in der letzten Zeit so oft gestellt und sie ist deshalb definitiv einen Blogeintrag wert.
Wir bei coveto haben eine ganz klare Haltung zum Thema Homeoffice, diese verrate ich dir auch gerne und nenne dir die Gründe für unser Vorgehen. Ob das aber für dich die richtige Lösung ist, kann ich dir nicht beantworten. Das Gute ist, du kannst die Lösung finden, indem du dir eine ganz andere Frage stellst.
Die Frage, die du dir stellen musst, lautet:
Wie ist deine Unternehmensrealität?
Was meine ich damit?
Ich denke, es lässt sich am besten erklären, wenn ich dir unsere Unternehmensrealität beschreibe - die Unternehmensrealität bei coveto:
Ich mache immer gern den Witz: „Unser Büro befindet sich am Rande der Scheibe.“ Am Rande der Scheibe bedeutet förmlich ausgedrückt: im sehr ländlichen Raum. Der Niddaer Ortsteil Eichelsdorf in dem wir seit August 2021 mit unserem Unternehmen zu Hause sind hat 1.200 Einwohner. Dort machen wir uns auf 650 qm mit durchschnittlich 15 Teammitgliedern, die gleichzeitig anwesend sind, breit.
Keins unserer Teammitgliedern fährt im überfüllten ÖPNV zur Arbeit. Busse mit 50 Sitzplätzen transportieren bei uns in den meisten Fällen deutlich weniger als 10 Fahrgäste.
Parkplatzprobleme gibt es auch nicht.
Fast alle Teammitglieder haben ihr eigenes Büro. Also alle Teammitglieder außer die, die mit mir und Christian - also den Geschäftsführern - in einem Büro sitzen. Die Türen sind nur zu, wenn gerade jemand in einem Zoom Meeting mit Kunden ist und eine störfreie Umgebung braucht. Das sind aber „nur“ räumliche Begebenheiten.
Bei coveto verstehen wir uns als Team und sind uns alle einig, dass der Arbeitsplatz noch viel mehr wichtige Aufgaben hat, als Arbeit abzuarbeiten. Wir sind ein Team und gehen jeden Tag gemeinsam aufs Spielfeld. Kannst du dir vorstellen, wie die deutsche Nationalmannschaft ein Spiel aus dem Homeoffice bestreitet? Nein, das geht überhaupt nicht.
Bei uns gibt es einfach keine Gründe, warum das Homeoffice „besser“ ist als das gemeinsame Arbeiten. Ich habe die Gründe für dich gerne mal aufgedröselt und du kannst sie mit deiner Unternehmerrealität abgleichen.
Homeoffice Ja oder Nein: Der bessere Arbeitsplatz
Bei uns gibt’s geräumige, helle Büros. Höhenverstellbare Tische, mindestens zwei Monitore, Tageslichtlampen und unlimitiert Kaffee, Getränke und Snacks.
Die wenigsten unserer Teammitglieder haben den Luxus eines Arbeitszimmers. Im Homeoffice muss der Küchentisch herhalten oder eine Ecke im Wohn- oder Schlafzimmer müsste umfunktioniert werden. Beides nicht prickelnd. Von der Ergonomie mal ganz abgesehen.
Homeoffice Ja oder Nein: Der bessere Tagesrhythmus
Unser Team betreibt jeden Tag acht Stunden Hochleistungssport. Wer Hochleistungssport betreibt, braucht Trainingspausen, Pausen zum Regenieren. Deshalb heißt es bei uns: Feierabend ist Feierabend, Wochenende ist Wochenende und Urlaub ist Urlaub. Kein Zugriff auf Mails, keine Notebooks und keine Anrufe in der Regenerationszeit. Auch hier passt der Vergleich zur Sportmannschaft. Beides braucht Zeit und Raum: Training und Ruhepausen. Im Homeoffice verschwimmen die Grenzen und das sehe ich kritisch.
Ein aktuelles Beispiel: Die Mitarbeiterin eines Lieferanten ist Mutter von zwei Kindern im Vorschulalter. Sie schreibt mir abends nach 22:00 Uhr noch E-Mails und ich weiß, dass sie seit 06:00 Uhr auf den Beinen ist. Ich habe mit ihr telefoniert und einfach mal nachgefragt, wie das für sie ist. Sie sagte, dass sie im Homeoffice die Struktur verloren hat. Früher habe sie die Kinder in die Kita gebracht und sei direkt ins Büro gefahren. Jetzt fährt sie erst noch einkaufen, räumt die Einkäufe weg, dann kann man auch gleich die Spülmaschine ausräumen und Schwupps, ist der Vormittag vorbei und die Kinder sind wieder da. An Arbeit ist nicht zu denken.
Homeoffice Ja oder Nein: In bester Gesellschaft
Zu Corona-Hochzeiten durftest du deine Freunde nicht besuchen, keine Feste mit deiner Familie feiern, nicht im Fitness Studio mit anderen gemeinsam trainieren. Ich glaube das fanden alle richtig ätzend. Und es war nicht nur richtig ätzend - bei vielen Menschen hat das psychische Probleme ausgelöst oder verstärkt.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass Einsamkeit die Wahrscheinlichkeit für viele Krankheiten erhöht: neben Depressionen und Angsterkrankungen auch Erkrankungen wie: Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Demenz.
Wenn ich mein Team ins Homeoffice verbannen würde, dann wäre das für sie ein Einschnitt. Ihnen würde die Möglichkeit genommen, sich täglich mit den Menschen zu treffen, mit denen sie gerne den Tag verbringen und gemeinsam etwas bewegen. Das wäre die Fortsetzung der Quarantäne. Wir würden alle darunter leiden, weil wir gerne zusammenarbeiten.
Als die Homeoffice-Pflicht von der Regierung angeordnet wurde, sagte ein Teammitglied zu mir: „Bitte nicht…was soll ich denn zuhause, da ist ja niemand.“ Immerhin über 40% der Menschen in Deutschland leben in Singlehaushalten.
Homeoffice Ja oder Nein: Die Gefahr von Hikkikomori
Im Sommer 2021 gab es dazu einen sehr interessanten Artikel über das „Cave Syndrom“ in der Frankfurter Rundschau. Das Cave Syndrom - „Höhlensyndrom“ - bezeichnet die Angst vor der Normalität. Der amerikanische Professor der Psychologie Alan Teo schreibt: „Die Möglichkeit, alles von zuhause aus zu erledigen, habe die Menschen allgemein einem höheren Risiko ausgesetzt, eine extreme Version des sozialen Rückzugs zu entwickeln. Die Japaner nennen dieses ungesunde Verhalten Hikikomori. Es bezeichnet Menschen, die sich freiwillig in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren.“
Ich habe hier schon öfter über unsere Mittagspause gesprochen. Unsere „heilige Kuh“ Mittagspause. Auf die wollten wir auch jetzt in Corona Zeiten nicht verzichten. Wir haben – nach Rücksprache mit unserem Vermieter – eine Wand rausreißen lassen, damit wir alle mit dem notwendigen Abstand, aber gemeinsam, Mittag machen konnten.
Homeoffice Ja oder Nein: Die bessere Führungsqualität
Google gibt 4 Millionen (!) Treffer an, wenn du nach „Führen im Homeoffice“ googelst. Es ist also ein Thema. Und es ist ein schwieriges Thema.
Kennst du den Spruch: Warum sollte man 3 Minuten sprechen, wenn man es auch in 5 Stunden über WhatsApp klären kann? Wenn der Austausch verstärkt in Schriftform stattfindet sind Missverständnisses vorprogrammiert. Gerade bei E-Mails wird überwiegend auf der Sachebene kommuniziert. Wertschätzung und emotionale Unterstützung gehen schnell verloren.
Auch in Zoom Meetings kommt die Energie des Gegenübers und die Körpersprache zu kurz. Alle sitzen wie ihr eigenes Passfoto vorm Rechner. Es ist verdammt schwer eine gute Beziehung aufrechtzuerhalten, wenn man sich nicht „in echt“ trifft. Terminierte Zoom Meetings oder seltene persönliche Treffen ersetzen das echte Miteinander nicht. Der Plausch in der Kaffeeküche, der Austausch beim Mittagessen, das spontane Gespräch, wenn es gerade gebraucht wird.
Die coveto Geschäftsleitung ist für das Team immer präsent. Das ist Teil unserer Kultur. Wir stehen am Spielfeldrand und feuern an. Dazu müssen wir vor Ort sein.
Homeoffice Ja oder Nein: Bei uns ist Hola.
Kennst du den Begriff „Hola“ aus deiner Kinderzeit? Hola ist eine Schutzzone beim Fangen spielen. Dort darf man nicht von Fänger abgeklatscht werden. Auf Hola ist man sicher.
In der Pandemie Zeit hat unser Team irgendwann angefangen, coveto als Hola zu bezeichnen: „Hier ist Hola.“ Damit ist gemeint: hier fühlen wir uns wohl, hier fühlen wir uns sicher, hier haben wir ein Stück „normale“ Welt.
Für uns ist coveto einfach ein Platz, an dem wir gemeinsam etwas erreichen wollen, an dem wir die Menschen treffen, mit denen wir gerne Zeit verbringen. Wir haben keine Vorteile gefunden, die bei uns für das Homeoffice sprechen. Und wir sagen das auch ganz klar in Gesprächen mit Bewerbern: Wir bieten kein Homeoffice. Und für neuen Teammitglieder, die wir seit Pandemiebeginn eingestellt haben, war das ein Pluspunkt.
Ist Dir einer der folgenden Sätze in den vergangenen Tagen durch den Kopf gegangen?
- Ich habe viel zu wenig Bewerber!
- Mein Unternehmen ist vom Fachkräftemangel betroffen!
- Wir sind zu klein und unbekannt, niemand bewirbt sich bei uns!
- Die Bewerber haben zu hohe Gehaltsvorstellungen!
- Wir verlieren Bewerber an andere Unternehmen, die mehr bieten als wir!
- Neue Mitarbeiter einzuarbeiten dauert zu lange!
- In unserer Branche / in unseren Berufen will niemand mehr arbeiten!
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