Thomas Gottschalk war Anfang der 70er Jahre fest entschlossen die große Welt zu erobern. Die große Welt war damals aus seiner Heimatstadt Kulmbach gesehen die Weltstadt München. Er wollte unbedingt beim Bayrischen Rundfunk durchstarten, da dort seiner Meinung nach nur spaßbefreite Akademiker am Werk waren. Wie die Bewerbung ablief, erzählt er in der amazon Dokumentation: Schickeria – Als München noch sexy war. Ich habe Thomas Gottschalks Worte für dich mitgeschrieben:

„Nachdem ich im Bayerischen Rundfunk ein Defizit festgestellt habe, habe ich mich bei einem DJ-Wettbewerb beteiligt. Die (also der BR) haben dann einen Fragebogen geschickt. Und dann habe ich damals – und das ist heute Radiogeschichte, den Fragebogen unausgefüllt zurückgeschickt und hab draufgeschrieben: Das merkt man euren Diskjockeys an, dass ihr sie per Fragebogen sucht. Die können vielleicht schreiben, aber nicht reden.“

Auch ein Bewerbungsbogen von Steve Jobs ist berühmt. Den Fragebogen soll Jobs ausgefüllt haben, nachdem er sein Studium am Reed College in der US-Stadt Portland abgebrochen hatte. In dem schlampig, von Hand ausgefülltem Formular gab Jobs an, er könne mit Computern und Taschenrechnern umgehen. Design und Tech zähle zu seinen Fähigkeiten. Er verzichtete darauf seine Adresse, Telefonnummer oder frühere Positionen anzugeben. Die Frage nach dem Führerschein beantwortete er mit „Ja“. Im dazugehörigen Antwortfeld: Zugang zu einem Transportmittel (Auto) gab er sinngemäß an: Möglich, aber nicht wahrscheinlich.

In vielen Unternehmen haben sich die Recruiting Prozesse seit Jahrzehnten nicht verändert. In meinen Recruiting Seminaren treffe ich immer wieder auf Unternehmen, die Bewerbern, ohne dass sie je persönlich ein Wort mit ihnen gewechselt haben - einen Fragebogen senden.

Drei Gründe, die gegen einen Fragebogen sprechen:

Reziprozität im Recruiting
Der Bewerber hat mit seinen Unterlagen bereits viel von sich preisgegeben. Bevor er die Chance hat dich und dein Unternehmen kennenzulernen, verlangst du weitere Informationen. Viele Bewerber schreckt das ab. Du verlierst an dieser Stelle garantiert gute Kandidaten. Auch im Bewerbungsprozess ist es ein Geben und Nehmen. Mit einem Bewerbungsformular wird das Nehmen überstrapaziert.

Recruiting Prozess Dauer
Ein Fragebogen ist ein sehr bürokratischer Prozess. Es kostet Zeit bis er (wenn er) zurückkommt und muss dann noch ausgewertet werden. Mit einem Telefoninterview kommst du viel schneller ans Ziel.

Aussagekraft des Fragebogens
Sagt der Fragebogen aus, dass jemand gehorsam ist und ordentlich Fragebögen ausfüllen kann oder dass er menschlich und fachlich ins Team passt? Ein Fragebogen kann einen persönlichen Eindruck nicht ersetzen.

Klares Statement: Im coveto Recruiting Prozess findet der Fragebogen deshalb keinen Platz.

P.S. Steve Jobs handgeschriebener Bewerbungsbogen ist 2021 in London versteigert worden. Das Dokument aus dem Jahr 1973 wechselte für 162.000 Pfund den Besitzer, das waren zu diesem Zeitpunkt ungefähr 187.000 Euro.

Ist Dir einer der folgenden Sätze in den vergangenen Tagen durch den Kopf gegangen?

• Ich habe viel zu wenig Bewerber!
• Mein Unternehmen ist vom Fachkräftemangel betroffen!
• Wir sind zu klein und unbekannt, niemand bewirbt sich bei uns!
• Die Bewerber haben zu hohe Gehaltsvorstellungen!
• Wir verlieren Bewerber an andere Unternehmen, die mehr bieten als wir!
• Neue Mitarbeiter einzuarbeiten dauert zu lange!
• In unserer Branche / in unseren Berufen will niemand mehr arbeiten!
  

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